Liebe Leserin, lieber Leser,
das nachfolgende Jobinterview mag Ihnen an der einen oder anderen Stelle etwas unkonventionell erscheinen und ist auch für mich ein Experiment. Es ist fiktiv und gleichzeitig persönlich.
Mein Anliegen besteht darin, Ihnen mittels dieses Jobinterviews einen ersten Eindruck von meiner Person zu vermitteln, und nicht darin, den Dialog für eine konkrete Bewerbung zu optimieren.
Detailliertere Angaben zu meinem Werdegang finden Sie hier.
Sollten Sie Fragen oder Anregungen haben, freue ich mich über Ihre Nachricht per Kontaktformular oder via Xing oder LinkedIn.
Keine Zeit für die Lektüre oder gerade unterwegs? Dann finden Sie das Interview hier auch als Audiodatei:
„Nathalie, Sie haben Pädagogik, Germanistik und Literatur & Medienpraxis studiert. In Ihrer Bachelorarbeit geht es um informell erworbene Kompetenzen in der Erwachsenenbildung, in Ihrer Masterarbeit um Merkmale qualitativ hochwertiger Fernsehserien. Sie haben nach dem Studium als Arbeitsvermittlerin gearbeitet, dann als psychosoziale Mitarbeiterin und Integrationsberaterin im Bereich der beruflichen Rehabilitation psychisch erkrankter Menschen. Nun bilden Sie sich im Bereich Medien & digitale Kommunikation weiter, haben Qualifikationen als Online-Marketing-Managerin, Social-Media-Managerin und Online-Redakteurin bei der LVQ erworben. Wie passt das zusammen?“
Meine Ausbildung wie auch meine bisherige Berufserfahrung sind Ausdruck meines recht breit gefächerten Interesses. Die Arbeit für und mit Menschen lag mir aufgrund meines Bedürfnisses nach einer sinnstiftenden Tätigkeit mit einem gesellschaftlichen Mehrwert immer am Herzen, gleichzeitig besteht schon lange ein Interesse an Medien, am Schreiben, am Gestalten und am Umgang mit Texten. Die Entscheidung für die Weiterbildung war für mich eine logische Konsequenz, resultierend aus dem Wunsch, meine Kenntnisse aus dem Masterstudium Germanistik und Literatur & Medienpraxis zu vertiefen und mit praktischem Können anzureichern. Eine zukünftige berufliche Tätigkeit im Bereich der digitalen Kommunikation, insbesondere als Online-Redakteurin, erscheint mir als die optimale Verbindung aus persönlichem Interesse, Wissen und meinen bereits vorhandenen fachübergreifenden Kompetenzen.
„Wie sah denn der Traumberuf Ihrer Kindheit aus?“
Als ersten von mir geäußerten Berufswunsch erinnere ich tatsächlich Bäuerin, was wohl den regelmäßigen Urlauben auf Bauernhöfen in den Bergen geschuldet ist. Danach folgte die Kioskbesitzerin. Ab der Jugend wurden die Vorstellungen mit Berufen wie Autorin, Lehrerin und Verlagslektorin dann doch etwas konventioneller.
„Und warum nun der geplante Wechsel, raus aus dem sozialen Bereich? Keine Lust mehr auf Menschen und doch lieber aufs Land?“
Manche Menschen mag ich immer noch! Nein, wirklich, an meinen Kunden und Klienten liegt es sicher nicht, im Gegenteil; so viele unterschiedliche Menschen mit ihren individuellen Hintergründen und Biographien kennen zu lernen, habe ich als sehr inspirierend erlebt.
Zum einen verstehe ich meinen beruflichen Werdegang ebenso wie meinen persönlichen Weg als eine Reise, die mich immer wieder Neues über mich erfahren lässt. Dazu gehört für mich, neue Betätigungsfelder auszuprobieren, Kompetenzen zu entdecken oder zu vertiefen, passende Rahmenbedingungen festzustellen und meinen Horizont zu erweitern. Ich finde es toll, dass sich Arbeitsplätze auch dynamisch verändern und entwickeln können. Zum anderen führten meine Empathie, meine Gewissenhaftigkeit und meine Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme dann und wann zu Grenzüberschreitungen mir selbst gegenüber. Darauf möchte ich zukünftig besser achten.
„Müssen wir aufgrund Ihres Reisevorhabens also davon ausgehen, dass Sie immer auf dem Sprung sind?“
Im Gegenteil. Ich bin an einer langfristigen Zusammenarbeit interessiert und halte viel von Verbindlichkeit und Zuverlässigkeit. Auch die so genannten Jobhopper bringen viele Qualitäten mit sich, über die ich jedoch nur begrenzt verfüge. Meine Anpassungsfähigkeit kann ich ausreizen, meine Umstellungsfähigkeit jedoch nicht. Mich permanent auf neue Menschen, Aufgaben und Orte einstellen zu müssen, stresst mich beispielsweise.
Oder um es anders auszudrücken: Für mich bedeutet Leben, und damit auch das Arbeitsleben, unter anderem eines: lebenslanges Lernen. Jedoch nicht nur als reine Wissensaneignung. Es gibt noch so viele Erkenntnisse zu gewinnen, so viele Erfahrungen zu sammeln, so viele Meinungen zu haben – und vielleicht auch wieder zu revidieren. Die realistische Einschätzung und Akzeptanz der eigenen Fähigkeiten wie auch das Ablassen von dem Wunsch, die oft bemühte eierlegende Wollmilchsau zu werden, sind dabei für mich wichtig.
„Schade! Wir mögen eierlegende Wollmilchsäue. Können Sie das weiter ausführen?“
Gerne! Meine fachlichen Kenntnisse kann ich immer erweitern, meine Persönlichkeit und die zu mir passenden Rahmenbedingungen jedoch nur begrenzt verändern. Ein Beispiel: Ich habe mich in der Vergangenheit im Arbeitskontext von einem eher introvertierten Menschen zu jemandem entwickelt, der mit Lockerheit und Freude Gruppenveranstaltungen durchgeführt hat. Das ist großartig! Dennoch stehe ich grundsätzlich nicht besonders gerne im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Nach mehreren Jahren in einer eher exponierten Stellung durch die beratenden Tätigkeiten darf es mich nun erst einmal hinter den Schreibtisch verschlagen. Da saß ich zwar vorher auch schon, aber ich freue mich nun auf mehr kreative „Stillarbeit“. Dabei schätze ich Abwechslung und Routineaufgaben gleichermaßen und möchte auf beides nicht verzichten. Trotzdem beschleicht mich bei so mancher Stellenausschreibung oder manchem Jobinterview der Eindruck, dass hier ganz großzügig gleich fünf Jobs in einem vergeben werden sollen. Ich mache lieber einen und den dafür richtig.
„Wo sehen Sie sich denn beruflich in den nächsten fünf bis zehn Jahren?“
Rechnen Sie in diesem Jobinterview nun besser nicht mit einer üblichen Antwort zu Karriereplanung und Entwicklungspotentialen. Das Leben lehrt uns ständig, dass es nicht vollständig planbar ist, vielleicht nicht einmal annähernd. Wenn ich einer beruflichen Tätigkeit nachgehe, die mir Spaß macht, und ein Gefühl von Zufriedenheit vorherrscht, dann bin ich in den nächsten fünf bis zehn Jahren immer dort, wo ich aus heutiger Sicht sein möchte. Engagement und Verausgabungsbereitschaft sind für mich auch ohne Karriereabsichten selbstverständlich.
Ob ich dabei als Online-Redakteurin arbeite, schreibe und Webseiten pflege, Podcasts oder andere Produktionen redaktionell begleite, ob ich als Produktmanagerin für gesundheitsbezogene Online-Dienstleistungen oder als Projektmanagerin im Kulturbereich tätig bin, ob ich wissenschaftlich arbeite, bis der Bibliotheksausweise glüht, ob ich konzeptionell an Kursen im Bildungssektor mitarbeite oder mein Wissen im Personalbereich einbringen kann – das hängt auch davon ab, welche dieser Stellen Sie mir anbieten möchten.
„Sollte man mit Mitte 30 nicht genauer wissen, was man will?“
Ich kann sicherlich eingrenzende Einschätzungen vornehmen, aber manches weiß ich erst, wenn ich es ausprobiert habe. Und das sage ich als jemand, der mit Coaching-Tools zur Berufsfindung durchaus vertraut ist und sie zur Annäherung auch als sehr sinnvoll erachtet. Ich dachte lange, an den vielfältigen Möglichkeiten und der riesigen Auswahl zu kranken. Inzwischen verstehe ich unterschiedliche berufliche Optionen vielmehr als spannende Chancen und bin mir sicher, dass es nicht nur den einen richtigen Weg für mich gibt. Ich wechsele zumindest aktuell lieber mal die Spur und bewahre mir einen offenen Geist als in einer ausgefahrenen Spur stecken zu bleiben. Und falls die Analogie nicht so passt, sehen Sie es mir nach, ich bin mit dem ÖPNV unterwegs. 😉
„All Ihre beruflichen Erfahrungen zusammengenommen: Wo liegen Ihre wichtigsten Stärken als Arbeitnehmerin?“
Als Generalistin bringe ich viele Schlüsselkompetenzen mit, zu denen ich eine strukturierte Arbeitsweise und eine hervorragende Organisations- und Merkfähigkeit sowie Auffassungsgabe zähle. Ich verfüge zudem über eine analytische Denkweise und kann unermüdlich nach dem einen Fehler suchen, der einfach nicht gefunden werden will. Bis ich ihn finde, versteht sich. Wenn ich mit einem Sachverhalt vertraut bin, agiere ich außerdem sehr vorausschauend. Und meine Empathie ist nicht nur von großem Vorteil für beratende Tätigkeiten oder den Umgang mit Kollegen, sondern auch äußerst hilfreich dabei, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen und so zur Lösungsorientierung beizutragen. Außerdem glaube ich, dass mein Humor und meine Reflektionsfähigkeit ebenfalls große Stärken sind, vor allem für das berufliche Miteinander.
„Empathie auf der einen Seite, analytisches Denken auf der anderen: Sind Sie nun Kopfmensch oder Bauchmensch?“
Hmm … als Kompromiss entscheide ich mich für: verkopfter Herzmensch.
„Herzmensch, soso. Bedeutet das tägliche Befindlichkeitsrunden und Kakao-Zeremonien für die Büro-Morgenroutine?“
Seien Sie unbesorgt, ganz so schlimm ist es nicht. Aber ich denke, dass dann und wann die Frage nach dem Wohlergehen auch im Arbeitskontext noch nicht geschadet hat. Nicht im Stuhlkreis und auch nicht jeden Tag, aber solange noch nicht jede Tätigkeit von Robotern durchgeführt werden kann, können wir uns das Zwischenmenschliche hin und wieder auch zunutze mache. Nichtsdestotrotz gilt für mich: Wenn ich arbeite, steht dies auch im Fokus meiner Aufmerksamkeit, darauf ist Verlass. Dann lasse ich auch Pragmatismus walten und erfülle Arbeitsaufträge ohne ständiges Hinterfragen, kurz, ich mache meinen Job.
„Ohne dem Optimierungswahn dann doch zu verfallen: Was lernen Sie gerade, was Sie noch nicht so gut können?“
Begrenztheiten zu akzeptieren. Grenzen zu setzen. Den eigenen Anspruch zu reduzieren. Mich kürzer zu fassen. Weniger zu denken, mehr zu fühlen. Fiktive Jobinterviews schreiben. Mit WordPress zu arbeiten, was verdammt viel Spaß macht.
„Dann wünsche ich Ihnen dabei auch weiterhin so viel Spaß. Vielen Dank für das Jobinterview!“
Herzlichen Dank für Ihr Interesse und Ihre Zeit!